Jakobsweg 2023

Ich pilgere 800 Kilometer zu Fuß quer durch Spanien, von Saint-Jean-Pied-de-Port in Frankreich über die Pyrenäen durch Navarra, das Baskenland, La Rioja, Kantabrien, Asturien und Kastilien-León bis nach Santiago de Compostela in Galizien.

Saint-Jean-Pied-de-Port

Anreise, 06./07. Juni 2023

Jetzt ist es tatsächlich soweit. Seit Tagen wechseln meine Gefühle von »Ich möchte endlich los« zu »Ich möchte überhaupt nicht los«. Es kommt mir vor, als würde ich Freunde und Familie im Stich lassen, einfach abhauen und nicht mehr wieder kommen. Ganz seltsam. Vorgestern kam ich erst von einer dreitägigen Europatour aus Budapest, Athen und Glasgow zurück, und gestern bin ich dann den ganzen Tag nur doof rumgesessen. Ich mußte oft weinen, ob es an der Aufregung liegt?

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Saint Jean Pied de Port – Roncesvalles

Tag 1, 08. Juni 2023

Es ist noch dunkel, als ich aufwache. Über mir poltert es, als würden die Leute mit Skischuhen umher laufen. Die alten Holzböden knarren, und ich höre Stimmen auf dem Flur. Oh bitte, es ist doch noch mitten in der Nacht! Außerdem tut mein Kopf weh, ich möchte so gerne noch schlafen. Aber es nützt ja nichts, ich stehe auf. Habe ja heute auch noch was vor, nämlich die Pyrenäen überqueren!

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Roncesvalles – Zubiri

Tag 2, 09. Juni 2023

Alles ist klamm, als ich morgens wach werde. Ganz dicht an meinem Zelt gibt eine Amsel ihr nüchternes Potpourri von Tonfolgen zum besten, so wie ich es von einem Singvogel dieser Art noch nie gehört habe. Während ich mich pfeifend aus meinem Schlafsack pelle, um die Amsel zu motivieren mal was anderes zu versuchen, fängt es leicht an zu regnen. Ich möchte aber nichts auf die nasse Wiese legen, deshalb trage ich meine Sachen in den Wald, wo es noch relativ trocken ist und sortiere mich dort in Ruhe. Am Himmel stehen dunkle Wolken, und ich muß an Andrew und Aki denken, die heute bei diesem Wetter über die Pyrenäen müssen.

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Pamplona

Tag 4, Ruhetag, 11. Juni 2023

Es wird schon hell. Ich pule meine Ohrstöpsel raus und höre ein hallendes Rumoren aus allen Richtungen. Überall wird schon gepackt, in meiner Parzelle schlafen alle noch, der Furzer auch. Ich klettere das Bett runter, hole leise meinen Rucksack unter dem Bett hervor und sortiere meine Sachen im Gang. Meine Schmerzen halten sich heute sehr in Grenzen, der Ruhetag wird mir gut tun.
Ich möchte heute schon mindestens eine halbe Stunde bevor Jesus y Maria seine Pforten wieder öffnet hier sein, um mir ein Bett aussuchen zu können. Und dann muß ich dringend ein paar Sachen waschen, die Herberge hat nämlich auch eine Waschmaschine!

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Pamplona – Puente la Reina

Tag 5, 12. Juni 2023

Andrew und ich verlassen Pamplona heute gemeinsam, denn er hat Angst nicht alleine aus der Stadt raus zu finden. Ich verabschiede mich noch schnell von Lukas, der einzige von den Jungs die noch da sind, und frage mich, ob ich ihn je wieder sehen werde. Genau mein Thema, und das wird mir auf diesem Weg noch öfter so gehen. Ich finde Abschiede das Schlimmste, sie machen mich fertig.

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Puente la Reina – Villatuerta

Tag 6, 13. Juni 2023

Als ich nachts mal raus muss, die Leiter runter klettere und auf dem Boden zu stehen komme, kann ich kaum auftreten. Es fühlt sich an, als würde ich auf einem Nadelkissen stehen. Ich kann mich nur plattfüßig in kleinen Schritten und in gebeugter Haltung fortbewegen, so wund sind meine Fußsohlen.
Heute Nacht schnarcht niemand im Raum, was ich bei dieser Belegung nicht gedacht hätte. Einer der Männer schläft jedoch mit einer Apnoe Maske, die ganze Nacht macht das Gerät komische Pfeifgeräusche. Irgendwas ist ja immer.

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Villatuerta – Estella

Tag 7, 14. Juni 2023

Mit einem heftiges Rumoren im Bauch wache ich morgens auf. Ich kann gerade noch schnell genug aus dem Zelt raus und erleichtere mich direkt daneben. Oh nein, bitte nicht. Im Minutentakt hinterlasse ich jetzt eine Riesensauerei, die ich versuche mit herumliegender Pappe abzudecken. Ich fühle mich grauenhaft, schon allein deswegen, weil ich meinen Zeltplatz so schmutzig zurück lasse.

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Estella

Tag 8, Ruhetag, 15. Juni 2023

So ein doofer Tag. Ich habe immer noch Durchfall wie verrückt, aber ich fühle mich nicht mehr so ausgelaugt. Ich gehe sogar nachmittags einmal zu einem nahegelegenen Supermarkt, um Kekse, eine Nudelsuppe und Fanta zu kaufen und um meinen Kreislauf etwas in Schwung zu bringen.

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